Prämiensparen: Jetzt Zinsen zurückholen!

08.10.2024
Pämiensparen
  • Hunderte Banken und Sparkassen zahlten Kund*innen mit Prämiensparverträgen jahrelang zu wenig Zinsen.
  • Der Streit um die Zinsnachzahlungen beschäftigt die Gerichte seit mehr als 20 Jahren. Im Sommer 2024 klärte der Bundesgerichtshof (BGH) wichtige Details rund um die Nachzahlungen.
  • Zahllose Sparer*innen warten jedoch weiterhin auf ihr Geld. Sehr viele Banken haben bis heute nicht gezahlt. Was Sie dagegen tun können.

Mark Branson, Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), verbreitete kürzlich Zuversicht. Er sei überzeugt, geschädigte Prämiensparer*innen  würden „am Ende viel Geld“ erhalten – nicht zuletzt, weil die BaFin sich „bei dem Thema frühzeitig positioniert“ habe.

Den geprellten Sparer*innen wünscht man, dass Branson Recht behält. Verdient hätten sie es allemal. Noch immer dürften viele fassungslos sein, wie ihre Geldhäuser beim Thema Prämiensparen mit ihnen umgesprungen sind.

Unzählige Geschädigte

Jahrelang zahlten hunderte Banken und Sparkassen sicherheitsbedachten Kund*innen zu wenig Zinsen auf ihre Prämiensparverträge. Im Jahr 2021 gab es laut BaFin rund 1,1 Millionen solcher Verträge, die neben Zinsen zusätzlich Sparprämien versprechen. Insbesondere Sparkassen vertrieben die Produkte im ganzen Land – und berechneten die Zinsen oftmals falsch. Statt in die Taschen der Kund*innen flossen die Gelder in die Gewinne der Banken.

Mittlerweile ist klar, wie die Banken die Zinsnachzahlungen berechnen können. Die jüngsten BGH-Urteile aus dem Sommer 2024 (Az. XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23) klärten wichtige Details, mehr als 20 Jahre nach dem ersten höchstrichterlichen Urteil zu dem Themenkomplex. Die Richter*innen legten fest, nach welchem Zinssatz die Nachzahlungen berechnet werden können. Vereinfacht gesagt geht es um den durchschnittlichen Zins von Bundeswertpapieren mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit (Kennung: WU9554). Dieser Zins lag im August 2024 bei 2,26 Prozent.

Nun ist klar: Sparer*innen stehen gemäß Referenzzins im Durchschnitt nachträglich rund 1.300 Euro zu, ermittelte die Verbraucherzentrale Sachsen. In Ausnahmefällen kann es demnach um mehr als 10.000 Euro gehen. Branchenweit dürften Nachzahlungen in Milliardenhöhe anstehen – sofern alle Geschädigten ihr Geld bekommen.


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Bockende Banken

Beim Rückfluss der einbehaltenen Gelder hapert es allerdings noch. Sehr viele Banken weigern sich weiterhin zu bezahlen. Und das, obwohl die BaFin bereits im Sommer 2021 die beteiligten Geldhäuser dazu aufforderte, ihre Kundschaft fairer zu behandeln. Das Aufsichtsschreiben brachte viele Institute jedoch nicht zum Einlenken, sondern auf die Barrikaden. Mehr als tausend Kreditinstitute gingen gerichtlich gegen die Verfügung vor.

Sparende sollten daher besser nicht daraufsetzen, dass die bockenden Banken nun plötzlich kundenfreundlich agieren. Für Kund*innen heißt es: jetzt fix aktiv werden. Das gilt vor allem für jene, deren Ansprüche zu verjähren drohen, weil ihre Verträge im Jahr 2021 beendet wurden. 

Nach der Rechtsprechung und den Signalen der BaFin stehen die Chancen für Kund*innen besser denn je, dass es diesmal mit dem Nachschlag klappt.


Unterm Strich: Tipps und Tricks

Verbraucherproblem: Unzählige Sparer*innen erhielten von ihrer Bank oder Sparkasse jahrelang zu wenig Zinsen auf ihre Prämiensparverträge. Die beteiligten Institute müssen nachzahlen, sträuben sich aber vielfach noch.

  • Ansprüche prüfen. Insbesondere alte Prämiensparverträge enthalten häufig rechtswidrige Klauseln zur Zinsanpassung. Die Anbieter*innen konnten auf Grundlage dieser Klauseln die Zinsen nach Gutdünken anpassen – oft zum Nachteil der Kundschaft. Eine Sammlung unwirksamer Zinsklauseln finden Sie bei der Verbraucherzentrale.
  • Verjährung stoppen. Ansprüche auf Zinsnachzahlungen können verjähren, wenn die Bank den Sparvertrag rechtmäßig gekündigt hat. Zum Jahresende 2024 verjähren etwa mögliche Ansprüche aus Verträgen, die 2021 beendet wurden. Falls es zeitlich knapp wird, können Kund*innen die Verjährung aber hemmen. Am einfachsten geht das mit einer Beschwerde bei der Ombudsperson Ihrer Bank. Auch Mahn- oder Klageverfahren hemmen die Verjährung.
  • Gegenangebote kritisch prüfen. Einige Geldhäuser meldeten sich bei geprellten Kund*innen mit Gegenangeboten. Hier ist Vorsicht geboten. Insbesondere pauschale Nachzahlungen können geringer ausfallen als die tatsächlichen Ansprüche. Auch Angebote der Institute zu neuen Zinsanpassungsklauseln können zuweilen hinter den Maßstäben der Rechtsprechung zurückbleiben. Bleiben Sie skeptisch.
  • Geld zurückfordern. Der BGH hat in einer Reihe von Urteilen die Berechnung von Zinsnachzahlungen klar geregelt. Sollten Sie Ansprüche auf Zinsen haben, fordern Sie mit diesem Musterbrief der Verbraucherzentrale Ihre Bank zur Nachzahlung auf.
  • Bei der BaFin beschweren. Sie haben Anspruch auf Zinsnachzahlungen, doch Ihre Bank sperrt sich? Beschweren Sie sich bei der BaFin. Erhält die BaFin viele Beschwerden zu einzelnen unwilligen Anbieter*innen, nimmt sie diese möglicherweise verstärkt ins Visier.   
  • Rat holen. Bei manchen Detailfragen kann eine individuelle Beratung Sinn machen, beispielswiese bei Ihrer nächstgelegenen Verbraucherzentrale.