Riester-Kosten: Außer Spesen, zu wenig gewesen

06.06.2024
  • Viele Menschen sparen mit staatlich geförderten Riester-Verträgen fürs Alter – vom Fonds-Sparplan bis hin zur Rentenversicherung. Insgesamt gibt es 15,5 Millionen Riester-Verträge.
  • Hohe Kosten schmälern den Sparerfolg der Verbraucher*innen oft erheblich. Im Schnitt floss bei Riester-Renten fast ein Viertel der eingezahlten Beträge in die Kosten, ergab eine Finanzwende-Auswertung im Jahr 2020.
  • Wie Sparer*innen hohen Abzügen auf die Spur kommen – und was Bestandskund*innen tun können.

Manchmal stimmen Vorsorgesparer*innen einfach mit den Füßen ab. So läuft es offenkundig bei der Riester-Rente: Die Vertragszahlen bewegen sich schon seit sechs Jahren im Rückwärtsgang – am deutlichsten bei den Versicherern. Wie mit einer Zeitmaschine wurden die Gesellschaften zuletzt in das Jahr 2010 zurück katapultiert. Damals gab es zum Jahresende gut 240.000 Riester-Rentenversicherungen mehr als heute.

An trägen Vertriebsleuten lag es nicht. Denn Provisionen sind millionenfach auch für Riester-Rentenversicherungen geflossen, die mittlerweile längst wieder gekündigt sind. Gut zwei Millionen der erfassten Sparer*innen zahlen zudem gar nicht mehr ein, schätzt das Bundesarbeitsministerium. Und von denen, die noch dabei sind, sparen wiederum Millionen nicht genug, um die volle staatliche Zulage zu erhalten.

Viele Menschen sind unzufrieden mit ihrem Vertrag

Ein Grund für die Unzufriedenheit der Verbraucher*innen dürften hohe Kosten und geringe Renten sein, die Studien immer wieder belegt haben. Auch eine Auswertung von Finanzwende zu 65 Riester-Rentenversicherungen aus dem Jahr 2020 stellte fest: Die maximalen Gebühren sind teilweise enorm. Im Schnitt ging fast ein Viertel der eingezahlten Beiträge und Zulagen für die Kosten drauf. Beim Versicherer mit den höchsten Gebühren waren es 38 je 100 Euro Beitrag.

Für Sparer*innen sind das naturgemäß schlechte Nachrichten. Denn jeder Euro, den Versicherer und Vertriebe abzwacken, fehlt ihnen fürs Sparpolster im Alter.

Kein Wunder, dass viele Vorsorgende sich denn auch beim Blick in ihre Riester-Jahresmitteilungen ärgern. Für ein Finanzwende-Mitglied sah die Bilanz nach zwölf Jahren folgendermaßen aus: Seine fondsgebundene Riester-Rente hatte bis dato mit insgesamt rund 5.000 Euro mehr Spesen verursacht als Erträge erbracht. Die Kosten vom Vorjahr verschlangen seine Zulage von 175 Euro komplett – und übertrafen diese sogar.

Die Folgen einer hohen Kostenbelastung sind im Alter oft an einer niedrigen Rente abzulesen. Im Mittel kamen bisher auch nur 132 Euro Rente monatlich bei Riester-Rentner*innen an, weist die Auszahlungsstatistik des Bundesfinanzministeriums aus. Das ist nicht viel Geld für jahrelanges Sparen, beschönigt die Lage aber noch. Denn die meisten Riester-Rentner*innen erhalten nach der offiziellen Statistik weniger: höchstens 83 Euro Rente im Monat.


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Unfaire Klauseln vor Gericht

Auch was die Vertragsbedingungen betrifft, verhalten sich die Anbieter nicht unbedingt fair. Die Zurich Deutscher Herold etwa hat einem Kölner Angestellten im Jahr 2017 nachträglich den Rentenanspruch gekürzt. Mit Unterstützung von Finanzwende zog der Angestellte vor das Landgericht Köln – und gewann. Die Zurich nahm seine Rentenkürzung zurück – aber eben nur die Kürzung dieses einen Kunden.

Damit auch zigtausend andere Riester-Sparer*innen mit gekürzten fondsgebundenen Renten profitieren können, streitet Finanzwende nun gemeinsam mit der Verbraucherzentrale NRW vor dem Oberlandesgericht Köln. Das Ziel: ein höchstrichterliches Urteil für alle Kund*innen.

Die Kosten bleiben in jedem Fall ein neuralgischer Punkt. Die Riester-Rente wurde mehrfach reformiert. Die Kosten blieben. Spätestens die langanhaltende Phase niedriger Zinsen hätte die Versicherer anhalten müssen, ihre Kosten zu senken, damit auf den Vorsorgekonten ihrer Kund*innen noch etwas ankommt. Passiert ist fast nichts. In der Hoffnung auf eine erneute Reform stellen die Anbieter*innen nun wieder geringere Kosten in Aussicht. Aber warum sollten sie dieses Mal auf Gebühren verzichten?

Viele Verträge verkauft, aber wenig Altersvorsorge

Hohe Kosten sind einer der Gründe, weshalb Riester-Renten für viele Sparer*innen wenig Mehrwert bietet. Die Renditeerwartung der meisten Angebote liegt unter 1 Prozent, zeigt eine Studie von Finanzwende Recherche. Der Staat fördert die Riester-Rente jährlich mit Milliarden Euro, die Anbieter*innen haben davon jahrelang profitiert. Doch der Effekt für die Sparenden ist bescheiden.

In jedem Fall lohnt es für Interessenten, schon vor einem Vertragsabschluss auf die Kosten zu achten. Das offizielle Produktinformationsblatt gibt – oben rechts auf der zweiten Seite – Auskunft über die sogenannten Effektivkosten des Vertrags. Ein Beispiel: Wenn man von einer jährlichen Wertentwicklung von 3 Prozent ausgeht, bleibt nach Abzug von 2,23 Prozentpunkten für Effektivkosten für den*die Sparer*in teils nur 0,77 Prozent Ertrag übrig. Das gibt schon mal ein erstes Bild.


Unterm Strich: Tipps & Tricks

Verbraucherproblem: Viele Verbraucher*innen haben bereits laufende Riester-Verträge – und sind mit den Kosten oder ihren Erträgen nicht zufrieden. Was Sie tun können:

  • Kostenstruktur überprüfen. Mit Hilfe Ihrer Riester-Jahresmitteilungen und Ihrem Vertrag können Sie sich einen Überblick über die Kosten Ihres laufenden Vertrages verschaffen.
  • Nicht blind kündigen. Die Kündigung eines Riester-Vertrages ist selten der beste Weg für Verbraucher*innen, weil sie die staatliche Förderung zurückzahlen müssen. Zuvor sollten Sie daher auch Alternativen abklären. Und nicht vergessen: Für einige Personengruppen – wie Geringverdienende oder kinderreiche Familien – kann es sich individuell lohnen, einfach weiter zu sparen, weil sie sehr hohe Zulagen erhalten.
  • Optionen prüfen. Bei einem Riester-Vertrag haben sie mehrere Ausstiegsoptionen. Sie können das Kapital beispielweise zu einem besseren Anbieter übertragen lassen, den Vertrag stilllegen oder kündigen. Oft lohnt es sich am ehesten, den Vertrag beitragsfrei zu stellen – das heißt: ihn nicht weiter zu besparen. Was sich in Ihrem persönlichen Fall lohnt, lässt sich allerdings nicht pauschal sagen. Sie können aber zum Beispiel Rat bei einer Verbraucherzentrale einholen.